Stand: 25.10.2012 15:54 Uhr
Blitzermarathon: Weniger Raser als erwartet
Bei der 24-stündigen Tempokontrolle waren 1.000 Polizisten im Einsatz. Der junge Mann hatte von so etwas wie einem Blitzermarathon offensichtlich noch nie etwas gehört. Mit Tempo 116 raste ein 19-Jähriger im Bereich der Polizeiinspektion Braunschweig durch eine geschlossene Ortschaft - dazu hatte der Fahranfänger offensichtlich auch noch Dorgen konsumiert. Doch damit gehört der junge Mann eher einer Minderheit an: Die Polizei und das niedersächsische Innenministerium haben am Donnerstag nach ihrer Offensive gegen Raser Bilanz gezogen. Das Ergebnis: 120.000 Fahrzeuge wurden von Mittwoch, 6 Uhr, bis Donnerstag, 6 Uhr, kontrolliert. Insgesamt gab es genau 2.994 Verstöße im Verwarngeldbereich sowie 895 Geschwindigkeitsüberschreitungen im Bußgeldbereich.weiterlesen >>>
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n-tv
Donnerstag, 25. Oktober 2012
Verkehrspsychologe sieht keinen Nutzen im Blitzen
Hannover (dpa) - Der Verkehrspsychologe Karl-Friedrich Voss bezweifelt die Wirkung von Blitzaktionen für die Sicherheit im Straßenverkehr. Er appelliert an das Bewusstsein der Bürger für mehr Selbstkontrolle.In Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen sowie Holland wurde 24 Stunden lang geblitzt. Was halten Sie von dem Blitzmarathon?
K.-F. Voss: «Die Aktion ist ein ehrenwerter Versuch, das Thema Verkehrssicherheit zu beleuchten. Ich finde es gut, dass dadurch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wird, dass es an vielen Stellen Geschwindigkeitsüberschreitungen gibt. Ich zweifle jedoch daran, dass diese Kontrollen die Sicherheit im Straßenverkehr erhöhen.»
Wie begründen Sie Ihre Zweifel?
K.-F. Voss: «Es sind mir keine Zahlen eines Innenministeriums bekannt, die belegen, dass solche Großaktionen im Besonderen oder Geschwindigkeitskontrollen im Allgemeinen wirksam sind.»
Was ergeben Ihre wissenschaftlichen Forschungen?
K.-F. Voss: «Ich selber habe Daten erhoben zwischen 1995 und 2005, die meine Zweifel nicht ausgeräumt haben. Ich habe die Daten der Unfälle mit Getöteten und mit Schwerverletzten zwischen den Ländern Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern verglichen. Nur Bayern hatte in dieser Zeit systematisch Abstandskontrollen durchgeführt und hatte keine niedrigere Unfallrate als die anderen Länder. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass solche Maßnahmen der Fremdkontrolle für sich alleine nicht wirksam sind.»
Was könnte die Polizei machen aus den Daten, die sie während des Blitzmarathons erhebt?
K.-F. Voss: «Sie könnte die Anzahl der Tempoverstöße in Bezug auf die Anzahl der vorbeifahrenden Fahrzeuge ermitteln, eine Trefferrate daraus ableiten und so herausfinden, an welchen Stellen Tempolimits eingehalten werden oder nicht. Diese Daten müssten dann in Beziehung zu der Straßen- und Verkehrslage gesetzt werden, um zu verstehen, wie die Wirkung von Kontrollen erfolgt und verbessert werden kann. Das wird aber meines Wissens nicht getan. Die Polizei zieht keine Verkehrsdaten heran, um die Unfallrate zu ermitteln. Das kann ich nicht verstehen. Die Innenministerien arbeiten offenbar vorwissenschaftlich.»
Wie erklären Sie sich den Hang zur Raserei?
K.-F. Voss: «Die Gründe liegen auch in der Person des betreffenden Rasers. Es geht um Gefühle. Die Raser tun vermeintlich alles dafür, um schneller zu sein. Diese Fahrer bauen Stress ab, wenn sie das Gefühl haben, besonders schnell voranzukommen. Das Erlebnis der Gefahr spielt in so einer Situation eine geringere Rolle. Der Fahrer blendet aus, dass das Vorankommen durch einen Unfall enorm verzögert werden kann und der Zeitgewinn äußerst gering ist.»
Steht also die Straßenverkehrsordnung, deren Grundregel «ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht» ist, im unversöhnlichen Widerspruch zum Verhalten des Menschen?
K.-F. Voss: «Es geht nicht allen Leuten darum, sich 40 Jahre lang sicher im Straßenverkehr zu bewegen, sondern an einem bestimmten Tag ein bestimmtes Ziel besonders schnell zu erreichen. So ein Verhalten widerspricht dem Sinn der Straßenverkehrsordnung. Der Übergang von der Fremd- zur Selbstkontrolle würde die Sicherheit im Straßenverkehr erheblich erhöhen. Die Akzeptanz dieser Ordnung ist eine Kulturleistung. In meiner verkehrspsychologischen Praxis orientiere ich meine Klienten auf ihre Zukunft. Gerade junge Menschen können sich ihre Zukunft verbauen, wenn sie sich nicht an die Straßenverkehrsordnung halten.»
Quelle: n-tv.de, dpa
23. Febr. 2012
Neue Studie zu Radarkontrollen: Blitzer verhindern keine Unfälle
Von Christoph Stockburger
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28.02.2012
28.02.2012
Gas geben fürs Selbstwertgefühl
Verkehrspsychologe über das Rasen auf deutschen Straßen
Karl-Friedrich Voss im Gespräch mit Jörg Degenhardt
Dem Auto werde oft eine Bedeutung zugemessen, die ihm überhaupt nicht zukomme, sagt der Verkehrspsychologe Karl-Friedrich Voss. Viele zu schnelle Fahrer hätten auch Schwierigkeiten, ihre Augen über verschiedene Informationsquellen wie Spiegel und Tacho laufen zu lassen.Heute will Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer von der CSU die Eckpunkte seiner Reform der Verkehrssünderkartei vorstellen und wir wollen mal der Frage nachgehen, ob Punkte und Bußgelder wirklich helfen, um zum Beispiel Raser und Drängler zu stoppen. Karl-Friedrich Voss ist Verkehrspsychologe und jetzt mein Gesprächspartner. guten Morgen, Herr Voss.
Karl-Friedrich Voss: Guten Morgen.
Degenhardt: Warum fahren einige Menschen schneller als erlaubt, aus Spaß, um Zeit zu gewinnen, oder einfach, um eine Art Überlegenheit zu demonstrieren?
Voss: Zunächst mal muss man sagen, dass diejenigen, die im Straßenverkehr auffallen, nicht unbedingt schnell sind in Bezug auf ihre absolute Geschwindigkeit. Sie sind nur zu schnell für die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit. Die Gründe dafür können sein, dass es sich dabei um Leute handelt, die hauptsächlich ihre Termine im Auge haben und die ungeschickt planen, so dass sie glauben, mit dem Auto die zeitliche Verspätung sozusagen aufholen zu können. Und dann gibt es natürlich Leute, die einfach gedankenlos an Verkehrsschildern vorbeifahren und deren Bedeutung einfach nicht in eine entsprechende Reaktion, also Anpassung der Geschwindigkeit, umsetzen. Viele Leute haben auch einfach Schwierigkeiten, die Augen so über die verschiedenen Informationsquellen im Auto, Spiegel und so weiter und auch Tacho, laufen zu lassen, so dass man auch über den jeweiligen Stand informiert ist. Viele sind da einfach auch nachlässig, so dass man da nicht unbedingt ein einheitliches Bild zeichnen kann, sondern eigentlich mehr eines, das aus mehreren Faktoren zusammengesetzt ist.
Degenhardt: Sie sprachen gerade von "den Leuten". Sind das vor allem Männer, die da nicht die richtige Geschwindigkeit finden, um nicht zu sagen, die zu schnell fahren?
Voss: Es gibt natürlich auch Frauen, aber da die Verkehrsbeteiligung von Frauen etwas geringer ist, fallen die natürlich nicht so oft auf. Außerdem ist es bei Frauen so, dass die eigentlich sehr viel regelbewusster sind, zum Beispiel was Dinge anbetrifft, die vor Fahrtantritt geklärt werden können, zum Beispiel Fahren unter Alkoholeinfluss und so etwas. Frauen sind auch beim Überholen zurückhaltender, so dass sie eigentlich eher solche Dinge wie Geschwindigkeitsvorschriften akzeptieren wie Männer.
Degenhardt: Schnell fahren - Sie haben es angedeutet - hängt ja auch damit zusammen, dass man gerne pünktlich sein möchte, pünktlich zu einem Termin erscheinen möchte. Wie passen überhaupt Pünktlichkeit und Verkehrssicherheit zusammen?
Voss: Ja, das ist natürlich so eine Sache. Es gibt die einen, die zu schnell sind und trotzdem dabei aus ihrer eigenen Sicht kein besonders erhöhtes Risiko eingehen, und es gibt natürlich auch diejenigen, die mehr oder weniger panisch reagieren und nur noch ihren Termin im Auge haben, und das geht natürlich auch zu Lasten der Verkehrssicherheit dabei.
Degenhardt: Wie bremse ich denn Raser aus, auch wenn ich das jetzt vielleicht etwas negativ formuliert habe, also Leute, die zum Beispiel zu einem Termin müssen? Wie kann ich denen beibringen, langsamer zu fahren? Was führt da am ehesten zu einem Umdenken? Ein Punkt in Flensburg doch wohl eher nicht.
Voss: Nein. Das sind ja meistens Dinge, die erst mal als Einzelfall betrachtet und irgendwie abgehakt werden. Es geht eigentlich darum, dass man schon bei der Fahrausbildung auf solche Phänomene Bezug nimmt, denn es ist ja nun leider so, dass die Fahrausbildung sich im wesentlichen auf Strecken innerhalb geschlossener Ortschaften erstreckt und nicht so sehr im Hinblick auf die Fragen, die wir jetzt gerade besprechen, und da ist es schon wichtig, dass man ein vernünftiges Zeitmanagement und so weiter überhaupt erst mal vorstellt und auch versucht, so was dann in der Praxis umzusetzen.
Degenhardt: Und wenn ich nun permanent zu schnell fahre, oder es gibt Leute, die das tun, vielleicht auch aus Protzerei - darüber haben wir jetzt noch gar nicht gesprochen -, es gibt ja auch die dicken Autos, die gerne vorgezeigt werden, was hilft denn da am ehesten? Es gibt Experten die meinen, Punkte in Flensburg, die verfehlen ihre Wirkung, es zählt nur eines: das ist der Verlust des Führerscheins.
Voss: Also so einfach ist das nicht. Ich hatte mal einen, der fühlte sich beleidigt, als man ihm den Führerschein wegen eines Fahrverbotes abgenommen hat, und er ist dann zum Bäcker gefahren und prompt dabei erwischt worden, weil er damit zeigen wollte, dass er noch Autofahren kann. Aber darum geht es ja gar nicht. Es geht oft darum, dass dem Auto eine Bedeutung beigemessen wird, die dem Auto überhaupt nicht zukommt, also alles, was so in Richtung Selbstwertgefühl und so etwas geht. Da kommt es dann darauf an, das sozusagen umzuschichten auf Bereiche im Beruf und in der Familie, damit das Auto nicht mit solchen zusätzlichen Wirkungen sozusagen ausgestattet wird, die es selber ja gar nicht hat. Das ist allerdings eine Sache, die dann ein Verkehrspsychologe machen kann und die sich nicht unbedingt von selbst in dem Kopf eines davon Betroffenen in Gang setzt.
Degenhardt: Das Autofahren, zumal das schnelle - wir haben es gerade gehört -, das ist offensichtlich ein weites Feld. Das war der Verkehrspsychologe Karl-Friedrich Voss über Verkehrssünder und Lerneffekte. Heute will der Bundesverkehrsminister seine Reformpläne für die Flensburger Verkehrssünderkartei vorstellen. Der Verlust des Führerscheines soll dann schon bei 8 statt bisher 18 Punkten drohen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
15.10.2010
RTL
Nachtjournal
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29.10.2010 ZDF HEUTE JOURNAL |
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"Hessen
verringert die Tempolimits"
Interview
mit Verkehrspsychologe Dr. Voss
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Film nicht mehr verfügbar |
28. 11. 2009 autobild 48-2009 |
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"Die
Angst fährt mit"
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14. 05. 2008
auf stern.de
"Die
Raser sind immer die anderen"
Interview
mit Verkehrspsychologe Dr. Voss
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